Lehrstart – Erfolgsfaktor Onboarding
Onboarding: Die Basis für eine erfolgreiche Ausbildung
Der August ist für viele junge Menschen in der Schweiz ein besonderer Meilenstein: der Beginn ihrer beruflichen Grundbildung. Neue Aufgaben, unbekannte Strukturen und viele frische Eindrücke prägen diese erste Phase. Damit dieser Einstieg gelingt, ist ein sorgfältig gestaltetes Onboarding entscheidend. Onboarding ist dabei weit mehr als eine kurze Einführung – es ist ein strukturierter Prozess, der Orientierung gibt und Sicherheit schafft. Es legt den Grundstein für eine erfolgreiche Ausbildung, fördert Sicherheit und Orientierung und hilft, Motivation und Vertrauen von Beginn an aufzubauen.

Wichtige Elemente des Onboardings:
- Kennenlernen und Beziehung aufbauen
Zeit für persönliche Begegnungen schaffen, Teammitglieder vorstellen und erste gemeinsame Erlebnisse ermöglichen. Hilfreich sind kleine, aber wirkungsvolle Gesten – etwa am ersten Arbeitstag gemeinsam den Znüni einnehmen, ein auswärtiges Mittagessen (vom Arbeitgeber offeriert) geniessen. Solche Momente stärken die Beziehung und erleichtern den Einstieg.
- Bildungsrahmen vorgeben
Die Grundlagendokumente – wie die Bildungsverordnung, betrieblicher und individueller Bildungsplan, Bildungsplan des Berufes und insbesondere dessen Anhang 2 mit den begleitenden Massnahmen zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz – geben den Rahmen vor. Die Abgabe dieser Bildungsdokumente an die Lernenden sowie das gemeinsame Anschauen und Thematisieren sind Pflicht. Diese Unterlagen sind zentral, da sie nicht nur rechtlichen Rahmen, sondern auch die Ausbildungsinhalte & Bildungsziele festlegen. Die Haltung der Berufsbildenden gegenüber diesen Dokumenten – wie sie damit umgehen, sie erklären und im Alltag einsetzen – hat eine direkte Wirkung auf die Einstellung und das Verständnis der Lernenden. So wird von Beginn an deutlich, welchen Stellenwert Sicherheit, Qualität und Zielorientierung im Betrieb haben.
- Bedürfnisse und Erwartungen klären
Offene Gespräche über gegenseitige Erwartungen helfen, Missverständnisse zu vermeiden. Dabei ist es wichtig, nicht nur die eigenen Erwartungen als Berufsbildende zu formulieren, sondern auch die Bedürfnisse und Erwartungen der Lernenden aktiv einzuholen. Dafür sollte ihnen genügend Zeit gegeben werden. Begünstigend ist auch, wenn die Lernenden ermutigt werden, ehrlich und offen ihre Sicht einzubringen. Solche gegenseitigen Erwartungen und Bedürfnisse erhalten zusätzliches Gewicht, wenn sie schriftlich festgehalten und von beiden Parteien visiert werden. Sie können in späteren Gesprächen – zum Beispiel im Semestergespräch – wieder beigezogen werden, um Fortschritte zu überprüfen oder Anpassungen vorzunehmen. So entsteht eine klare, verbindliche Basis für die Zusammenarbeit, die Vertrauen und Verbindlichkeit fördert.
- Regeln und Werte gemeinsam erarbeiten
Gemeinsam festgelegte Spielregeln und Werte stärken das Wir-Gefühl, geben Orientierung und schaffen eine verlässliche Grundlage für das Miteinander: Worauf lege ich wert? Worauf legst du wert? Wenn Lernende aktiv mitgestalten, steigt ihre Identifikation und sie achten eher darauf, die gemeinsamen Werten zu leben und die Regeln einzuhalten. Die Erarbeitung ist kein Schnellschuss, sondern ein Prozess, der Zeit und Auseinandersetzung mit der Thematik benötigt. Dafür ist beispielsweise ein oder mehrere Workshops ein gutes Format. Denn es soll nicht nur darüber gesprochen, sondern gemeinsam erarbeitet werden. So entstehen tragfähige gemeinsame Werte und Regeln, die ein positives Arbeitsklima fördern – und den Lernenden wertvolle soziale Kompetenzen für die Zukunft vermitteln.
- Regelmässiger Austausch sicherstellen
Gerade in den ersten Wochen der Ausbildung ist ein enger Austausch zwischen Berufsbildenden und Lernenden besonders wichtig. Der Wechsel von der Schule in die Berufswelt ist ein grosser Schritt, verbunden mit vielen neuen Eindrücken und Herausforderungen. Beispielsweise kurze, tägliche Gespräche in der ersten Woche – ein gemeinsames Tagesfazit – helfen, das Wohlbefinden der Lernenden abzuholen, Fragen zu klären und Unsicherheiten zu reduzieren. Der Gesprächsrhythmus kann mit der Zeit schrittweise reduziert werden. Dieser regelmässige Dialog gibt nicht nur den Lernenden Feedback, Klarheit und Sicherheit, sondern auch den Berufsbildenden wertvolle Rückmeldungen. So können beide Seiten frühzeitig reagieren, Vertrauen aufbauen und gemeinsam einen erfolgreichen Start gestalten.
Typische Stolpersteine – was Berufsbildende vermeiden sollten:
- Unklare Zuständigkeiten
Lernende wissen nicht, an wen sie sich bei Fragen oder Problemen wenden können. → Lösung: Klare Ansprechpersonen definieren.
- Zu schnelle oder zu langsame Integration
Überforderung oder Langeweile können Motivation und Selbstvertrauen beeinträchtigen. → Lösung: Aufgaben schrittweise steigern.
- Fehlende Rückmeldungen
Ohne Feedback ist Lernen schwierig. → Lösung: Regelmässige, konstruktive Gespräche einplanen.
- Vernachlässigung der Soft Skills
Fachliche Ausbildung allein reicht nicht – auch Sozial- und Selbstkompetenzen brauchen Förderung.
- Unterschätzung des Kulturwandels
Der Wechsel von der Schule in die Berufswelt ist für viele Lernende eine grosse Umstellung. Geduld, Verständnis und Begleitung sind entscheidend.
Fazit:
Ein sorgfältiges, wertschätzendes Onboarding zahlt sich aus – für Lernende wie für Betriebe. Es schafft die Basis für eine erfolgreiche Ausbildung, fördert Bindung und Motivation und trägt dazu bei, dass die jungen Fachkräfte von morgen ihre Potenziale entfalten können. Berufsbildungsverantwortliche tun sich selbst und den Lernenden etwas Gutes, wenn der Onboardingprozess im Betrieb fest verankert und allen beteiligten Personen klar ist, welche Rolle sie dabei spielen. So wird der Start strukturiert, reibungslos und nachhaltig erfolgreich gestaltet.
Ein herzlicher Dank geht an alle Praxis- und Berufsbildenden. Mit ihrem Engagement, ihrer Zeit und ihrem Fachwissen leisten sie einen unverzichtbaren Beitrag für unsere Gesellschaft und das duale Bildungssystem. Sie begleiten, fördern und fordern die Fachkräfte von morgen – und schaffen damit die Grundlage für eine starke berufliche Zukunft.
Und abschliessend wünschen wir allen neuen Lernenden viel Freude, Neugierde und Erfolg auf ihrem Ausbildungsweg.
Bild von Mabel Amber auf Pixabay





